Stellungnahme der GABL zum HH 2001

Das Resümee zuerst:

Der vorliegende Haushalt wird aus eigener Kraft, ohne Kassenkredite , ausgeglichen. Die Brutto- (und Netto-) investitionsrate liegt mit 4Mio DM im positiven Bereich. Der Schuldendienst kann verringert werden. Die allgemeine Rücklage wird nicht angetastet. Dem Haushalt wird daher ohne weitere Änderungsanträge zugestimmt.

Das wäre endlich mal eine kurze prägnante Stellungnahme, aber ein paar zusätzliche Bemerkungen will ich gerne noch loswerden.

Letzte Woche fuhr ich mit der Bahn auf einer wenig befahrenen Nebenstrecke. Sie kennen vielleicht die Stimmung: vergammelte Bahnhöfe und mit Gras überwachsene Schienen. Verfall allerorten . Dabei ist mir der Gegensatz so richtig bewußt geworden: der Eindruck von Rutesheim im Jahr 2001 ist das genaue Gegenteil: Aufbau, Veränderung und Wachstum prägen das Bild. Betrachtet man den stetigen Anstieg der Einwohnerzahl, die sich gemächlich, aber unaufhaltsam der 10.000 nähert, dann sieht man: es ist glücklicherweise kein exponentieller Anstieg und keine Wachstums-Explosion sondern ein konstantes, aber maßvolles Wachstum. Die Maßnahmen der letzten Jahre, die dazu beigetragen haben, sind bekannt. Vom Kindergarten bis zum Altenpflegeheim sind soziale Einrichtungen für alle Altersgruppen in Rutesheim geschaffen. Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, ein aktives Vereinsleben und engagierte Kirchengemeinden runden das Bild ab. Das Wachstum spiegelt sich aber auch im stetigen Ansteigen des Haushaltsvolumens unserer Gemeinde wieder, denn so ein Haushalt ist letzten Endes nichts anderes als in Zahlen gefasste Politik.

Nach den beiden Rekordhaushalten 1999/2000 mit beinahe 50Mio DM sind wir jedoch an einem Wendepunkt angelangt. Wir haben große Projekte verwirklicht und noch immer prägen die Folgen der Großprojekte den Haushalt. Auf den Weg gebracht sind : Erweiterung Gymnasium, Sanierung/Erweiterung Kläranlage und ein weiterer Kindergarten . Danach könnte- wenn nichts dazwischen kommt- erst einmal wieder etwas Ruhe einkehren.

Wir brauchen einfach mal wieder ein ruhigeres Fahrwasser und vielleicht sogar mal eine Verschnaufpause zur Orientierung! Unser Augenmerk sollte dann nicht auf weitere neue, alles überdeckende Projekte gerichtet sein, vielmehr sollten wir uns auf Unterhalt und Pflege des Bestehenden konzentrieren.

Zu den vielfältigen, ohnehin vorhandenen Aufgaben sind weitere Aufgaben hinzugekommen. Planen und Bauen ist eine Sache, aber den laufenden Betrieb zu organisieren und zu betreuen ist mindestens genauso wichtig. Vielleicht stimmt es ja, dass die richtige Arbeit erst nach der Einweihung beginnt. Was ist also zu tun?

Es geht um die berühmten kleinen Schritte mit großer Wirkung.

Der Rad-Fußweg Röte ist fertiggestellt. Jetzt soll ein kleiner Park-ähnlicher Platz mit Sitzmöglichkeit nahe der Unterführung den Weg besonders für ältere Menschen aus der nahen Altenwohnanlage attraktiv machen. Ein paar hundert Meter weiter wird der Spielplatz Im Grund (Göthestr.) erneuert werden. Dieser Spielplatz hat als Ausflugssziel Bedeutung für den gesamten Ort (ähnlich Eltinger Weg). Das wird bei der Ausführung berücksichtigt werden, Sitzgelegenheiten für Erwachsene und Spielgeräte für verschiedene Altersstufen sind vorgesehen.

Auch in Perouse geht es ums Thema Spielplatz. Das neue Baugebiet ist gut angenommen worden, jetzt ist es an der Zeit den geplanten Spielplatz zu realisieren. Auch dort gilt aufgrund der schönen Lage an Orts- und Waldrand das oben gesagte: der Platz hat Bedeutung für den ganzen Teilort und soll dementsprechend gestaltet werden.

Ich kann und will nicht jede, im Haushalt geplante Maßnahme aufführen. Ein paar wesentliche Aspekte noch:

Die Ausweitung der Ortskern-Sanierung im Bereich der Hindenburgschule gibt uns in Rutesheim endlich die Möglichkeit in einem Gebiet gestaltend tätig zu werden, wo von Natur aus viele Fußgänger, insbesondere Kinder unterwegs sind. Hier wird es nicht vorrangig um eine optische Aufwertung sondern um sinnvolle Gestaltung von Verkehrsflächen im Umfeld der Schule gehen müssen

Apropos Schule: die Realschule hat Computer bekommen – das ist begrüßenswert. Damit können wir unseren bescheidenen Beitrag zur IT-Offensive leisten. Am Thema zeitgemäße Lernmittel müssen wir dranbleiben, auch wenn die offizielle Bildungsoffensive nach dem Landtagswahlkampf wieder an Schwung verliert.

Energiekosten

Ich war schon immer der Meinung , dass sich Investitionen in Energie-einsparende Techniken lohnen. Ein Beispiel aus dem vorliegenden Haushalt: Die Energiekosten für das Gymnasium sind gerade mal so hoch wie die Kosten für alle anderen Schulen zusammen. Das belegt: die gesetzlichen Vorschriften und der gestiegene Stand der Technik bei der Wärmedämmung reduzieren die Unterhaltskosten in deutlichem Maße. Daran wird aber auch deutlich welche Einsparungen bei den anderen kommunalen Liegenschaften jetzt nicht zum Tragen kommen, weil aus wirtschaftlichen Gründen die Anfangsinvestitionen gescheut wurden – obwohl, wie man sieht, das Geld eigentlich immer da war. Mein Negativ-Musterbeispiel ist die Ablehnung der Solartechnik bei der Sanierung der Schwimmhalle. Jetzt zahlen wir das Lehrgeld (60.000DM im Jahr, der größte Batzen überhaupt bei den Heizkosten). Erfreulicherweise haben sich die Rahmenbedingungen so geändert, so dass bei zukünftigen Entscheidungen unsere vorausschauende Position gestärkt wird.

Wald

Im Wald haben wir nach Lothar die Zeche für Fehler der Vergangenheit gezahlt. Wie Streichhölzer sind die Fichten auf den exponierten und ungeeigneten Lagen umgeknickt. Es blutet einem schon das Herz wenn man die kahlen Flächen sieht. Die Zukunft heißt für mich : Standortgerechter Buchen-Mischwald. Naturnahe Bewirtschaftung , selbstverständlich mit dem Ziel der ÖKO-Zertifizierung. Und nicht zuletzt möchte ich eine stärkere Beachtung der ökologischen Funktionen und der Erholungsfunktion für die Menschen.

ÖPNV

Wie in jedem Jahr haben Sie , Herr Bürgermeister nicht versäumt, die Nahverkehrsumlage und den Ihrer Meinung zu hohen Anteil für den ÖPNV über die Kreisumlage anzuprangern. Wie in jedem Jahr will ich darauf hinweisen, dass Rutesheim durch den ÖPNV, insbesondere durch die Anbindung an die S-Bahn enorme Standortvorteile hat: Viele Menschen leben hier weil es die S-Bahn gibt. (so auch ich) Wir zahlen dafür kräftige Mieten und für Baugrundstücke muß man tief in die Tasche greifen. Das tut auch dem kommunalen Haushalt gut . Aber leider steckt in der Kritik an der Umlage auch einige Berechtigung: Trotz der Summen, die wir in den letzen Jahren zusammengenommen gezahlt haben, ist für die Masse der Rutesheimer ÖPNV-Nutzer seit der Einführung der Verbundstufe 1 kein nennenswerter Vorteil mehr entstanden. Überfüllte Busse, mürrische Busfahrer, keine Fahrradstellplätze, fehlende P&R Plätze und immer noch keine Haltestelle an der Festhalle. Das sind so die Negativ-Schlaglichter. Im innerörtlichen Verkehr hat der ÖPNV eigentlich überhaupt keine Bedeutung. Kurz gesagt: beim ÖPNV hat das Wachstum haltgemacht. In diesem Bereich besteht absolut Nachholbedarf

Gewerbegebiete

Zwei kleinere Gebiete im Bereich Schertlenswald sollen erschlossen werden, aber wichtiger, denke ich , wird das größere Gebiet im Westen Rutesheims werden. Vieles spricht für diesen Standort und daher muß hier zukunftsorientiert und vorrangig geplant werden. Dabei geht es auch um die Gewerbesteuer, aber das Hauptkriterium sind die Arbeitsplätze. Der Drescher-Schock sitzt uns noch allen in den Knochen und die Wunden sind nicht verheilt. Arbeitsplätze in Rutesheim erhalten und neue schaffen ist ein Schwerpunkt für die kommende Zeit. Grunderwerb und Erschließung sollten bald anlaufen, damit wir spätestens mit der Fertigstellung des AS Rutesheim startklar sind.

Was tut sich auf der Einnahmenseite?

"Keine Erhöhungen der Gebühren und kommunalen Steuern", haben wir gehört. Stimmt nicht ganz. Bei Kindergärten und Kernzeitbetreuung wird es sehr wohl eine an die Regelsätze angelehnte Erhöhung im laufenden Haushaltsjahr geben.

Die Frage die jeden umtreibt, ist die nach dem Verkauf der EnBW-Aktien. Des Einen Leid, des Anderen Freud. Wir bekommen dafür viel Geld , aber auch subventionierten Atomstrom aus Frankreich. Egal wie man dazu steht, Rutesheim wird , da der Verkauf jetzt genehmigt wird, auch verkaufen. Der Erlös sollte dann zinsbringend angelegt werden, ein einmaliger Geldsegen in den Haushalt bringt in der aktuellen Situation keinen Vorteil.

Die große Investition bei der Kläranlage bringt moderne Umweltstandards im Abwasser-Bereich. Das ist gut und notwendig. In diesem Zusammenhang werden auch die Abwassergebühren überprüft werden. Nach gültiger Rechtsauffassung sollte die Regenwassergebühr getrennt vom übrigen Abwasser berechnet werden. Daher plädiere ich für den Fall der Gebührenänderung frühzeitig für die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr . Was nebenbei ein sinnvoller Anreiz zur Flächenentssiegelung ist.

Zukunft

Wir haben die Pflicht zur mittel- und langfristigen Planung. Unser Instrument ist das bewährte Jahres- und Investitionsprogramm. – Ich würde dieses gerne eingebettet sehen in einen Prozess einer Rutesheimer Agenda 21. Bei der lokalen Agenda entstehen Planungen im breiten demokratischen Konsens und müssen sich an ihrem sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Nutzen messen lassen. Übergeordnet sind gemeinsam verabschiedete verbindliche Ziele, die nicht von Zeitgeist, Parteiengezanke und den Zufälligkeiten bei der Vergabe von Fördermitteln abhängig sind.

Transparenz und Bürgerbeteiligung z.B. in gestalterischen Fragen (wie bei der Planung des Schulhofes der Theodor-Heuss-Schule) hilft die demokratische Grundordnung zu festigen – das ist auch eine Investition. Eine Investition in die gemeinsame Zukunft.

Schlußbemerkung:

Die Darstellung im Haushalt ist vollständig und übersichtlich. Hervorzuheben die aussagekräftigen grafischen Darstellungen über die vergangenen Jahre. Hier wäre höchstens wünschenswert diese Darstellungen auf einige aussagekräftige Werte in den Sammelnachweisen (z.B. Energiekosten) auszuweiten.

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