Stellungnahme der GABL zum Haushalt 2002

Das Haushaltsvolumen des vorliegenden Haushaltsentwurfes hat mit 26Mio Euro einen sehr hohen Stand erreicht, wobei nicht mehr, wie vor drei Jahren noch, von Ausnahmezuständen gesprochen werden kann. Vielmehr stabilisiert sich offenbar der Umfang des Haushalts auf diesem Niveau.

Die Bruttoinvestitionsrate von 2.3Mio EURO liegt unter dem Schnitt der Jahre seit der letzten Wirtschaftskrise anfangs der Neunziger Jahre. Trotzdem ist meines Erachtens noch kein Negativtrend ablesbar. Allerdings verschlechtern sich die äußeren Rahmenbedingungen zur Zeit spürbar.

Die Rücklagen dagegen steigen seit 1999 wieder kontinuierlich auf einen Stand von 6Mio Euro. Damit sind auch ein paar schlechte Jahre zu überstehen.

Obwohl ich im Detail einige Schwerpunkte anders setzen möchte, wäre ich schlecht beraten, wenn ich dem vorliegenden Haushalt Entwurf nicht zustimmen würde.

Erlauben Sie mir trotzdem ein paar Anmerkungen und Vertiefungen.

Die Eckdaten des Haushalts 2002 sind ausgesprochen gut (auch im Vergleich der Kommunen) und bilden für Sie, Herr Reichert, einen guten Abschluß nach 37 Haushalten und natürlich auch einen guten Anfang für den neuen Bürgermeister.

Der gute Zustand des Haushalts ist kein Produkt kurzfristiger Maßnahmen.

Die Rutesheimer Haushaltsführung war, soweit ich dies mitverfolgen konnte, immer konsequent ausgerichtet an Prämissen wie

Sparsamkeit

Wirtschaflichem Denken

Bedarfsorientiertem Handeln

und selbstverständlich geschicktem Ausnutzen von Fördermöglichkeiten

Natürlich möchten wir alle, das dies auch bei einem neuen Amtsinhaber so bleibt, denn das Leben wird auch in Zukunft nicht leichter. Zum Ausruhen oder gar zum Wahlgeschenke verteilen reicht das finanzielle Polster gewiss nicht aus.

-Die realisierten Projekte haben Folgekosten für den Unterhalt und oft noch stärker für die Personalaufwendungen

-Überhaupt können die Personalausgaben nicht immer so knapp bleiben. Der moderate Anstieg in den vergangenen Jahren ist bei der gestiegenen Personalzahl und dem enormen Arbeitsaufkommen eher verwunderlich.

-Gewerbesteuereinnahmen sind sehr schwer vorausberechenbar

-Zuschüsse sind von politischen Großwetterlagen abhängig

Das sind nur einige der Probleme, die zu meistern sind.

Ganz zu schweigen davon, dass Wohlstand auch Verantwortung bedeutet:

Soziale Einrichtungen

Das Angebot an sozialen Einrichtungen reicht vom Kindergarten bis zum Pflegeheim. Und doch gibt es ständig neue Herausforderungen zu meistern.

-Schulen werden nicht nur gebaut und verwaltet. So sind z.B. im kommenden Haushalt Mittel (17.000Euro) für die Ausstattung mit modernen Medien eingeplant, und es wird auch zukünftig große Anstrengungen brauchen, um einen guten Ausbildungsstandard für unsere Kinder zu erreichen. Wir als Gemeinde wollen jedenfalls das Unsere zur Verbesserung beitragen. Auch das Land muß einen angemessenen Teil beisteuern, denn wenn die Landesregierung, zu Recht geschockt von den PISA Ergebnissen, Versprechungen macht, dann sollen nicht die Kommunen am Ende die Zeche zahlen müssen.

-Das Pflegeheim Widdumhof ist noch gar nicht lange im Betrieb und schon zeigt sich: das Angebot wird nicht ausreichen. Der Bedarf von weiteren 25 Pflegeplätzen soll von uns lokal gedeckt werden. Das sind wir unseren Mitbürgern schuldig. Wer jahrzehntelang hier gelebt, sich eingebracht und seine Abgaben geleistet hat, sollte auch seinen Lebensabend in Würde am Heimatort verbringen können.

-Kindergartenplätze sing genügend vorhanden. Zusätzlich wird eine Ganztagesbetreuung notwendig werden. Dafür brauchen wir bedarfsorientierte, flexible Lösungen. Und wir wollen nicht warten bis unsere Bürger mit Unterschriftenaktionen beginnen.

Ortskernsanierung

Bei der letzen Klausur haben wir anhand von Dias einen eindrucksvollen Vergleich der Rutesheimer und Perouser Verhältnisse vor und nach der Sanierung erlebt. Das sichtbare Resultat ist optisch und funktionell gut gelungen.

Die laufenden Maßnahmen, die im Haushaltsjahr 2002 fertiggestellt werden, stellen eine gewisse, aber nur vorübergehende, Abrundung dar:

Zehntscheuer und Altes Rathaus in Perouse werden wieder ansehnliche Gebäude zum Nutzen für die Bürgerschaft, hoffentlich auch zu Kristallisationspunkten für eine lebendige Ortsmitte.

In Rutesheim werden die Straßen um die Hindenburgschule-Schule ansprechend umgestaltet. Besonders die Neugestaltung im Bereich am Eingang der Grundschule wird nicht nur gut aussehen, sondern auch größere Sicherheit für die Schulkinder bringen. Aber trotz allem Erreichten, wie gesagt: kein Stillstand.

Nach der Beruhigung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse wird es im genannten Sinne weitergehen.

Energie

Ich habe vorhin gesagt, dass Sparsamkeit eines der Rutesheimer Erfolgsrezepte darstellt. Leider wurde in der Vergangenheit auch an herausragenden Umweltstandards gespart. Das mag zwar kurzfristig aufgehen, aber auf Dauer ist dieser Weg ökologisch und ökonomisch falsch.

Vergleichen wir mal die Energiekosten des neu gebauten Gymnasiums mit denen etwa der Realschule. Der Heizenergieverbrauch des Gymnasiums mit 660 Schülern beträgt gerade mal 2/3 von dem der Realschule mit 443 Schülern. Bei beiden Baumaßnahmen wurden die aktuellen Vorschriften eingehalten. Aber das war’s dann auch. Der Unterschied der Verbräuche führt uns deutlich vor Augen, welche Möglichkeiten bei konsequenterer Anwendung von anspruchsvolleren Umweltstandards bestehen und wieviel Geld, Energie und CO2 wir einsparen könnten.

Ökologisch bessere Lösungen (Solaranlage auf der Kleinschwimmhalle) werden gerne mit niedrigen Energiekosten kaputtgerechnet. Die Einschätzung der Energiepreisentwicklung hat aber sich in den allermeisten Fällen als zu optimistisch erwiesen. Dass daran nur die Ökosteuer schuld ist, wird hoffentlich keiner behaupten wollen.

Im Bereich Energiemanagement wird in der Zukunft deutlich mehr geschehen müssen. Mit 2.2Mio kWh Stromverbrauch im Jahr sind wir keine Kleinverbraucher und es geht auch nicht um Kleinigkeiten. Konsequente Sparpolitik darf beim Energiesparen nicht aufhören und Zukunftsvorsorge besteht für mich nicht darin den billigsten Strom zu beziehen, sondern zu einem sparsameren und verantwortlichen Umgang mit den Energieresourcen zu finden.

Industriegebiete

Hier ist nach längerer ruhiger Phase einiges in Bewegung gekommen. Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen sind achtenswerte Ziele. Bei der Umsetzung treten natürlich auch Konflikte zutage. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass bevorzugt arbeitsplatzintensive Firmen ansiedeln können, aber auch dafür, dass schädliche Auswirkungen auf die Natur und auf die Anwohner im vertretbaren Rahmen bleiben.

Da sind zunächst die beiden Lebensmittelmärkte auf der grünen Wiese: Bei aller Freude über Einnahmen durch Grunderwerb ist Vorsicht angesagt. Ich bin sehr froh, dass endlich eine qualifizierte Marktanalyse eingeplant ist. Erst damit kann die Auswirkung einer solchen Ansiedlung auf unser Umland und auf die ansässigen Geschäfte abgeschätzt werden. Besonders der letzere Punkt ist mir wichtig. Die geschaffene Rutesheimer Ortsmitte muß auf jeden Fall die Mitte bleiben. Ein Einkaufszentrum am Ortsrand darf nicht so dominant werden, dass die Ortsmitte verödet.

Das Industriegebiet Gebersheimer Weg ist für kleinere und mittlere Betriebe vorgesehen. Dort sind direkt nördlich des Gebietes Ausgleichsflächen geplant. Das ist gut und richtig, auch wenn etwa 10% des Grunderlöses dafür gebraucht wird.

Eine Erweiterung des Gewerbegebietes im Bereich Schertlenswald VII, am östlichsten Markungszipfel, betrifft den grünen Streuobstgürtel Rutesheims, und muß sehr kritisch beleuchtet werden, da ein ökologischer Ausgleich im Gebiet praktisch nicht möglich ist.

Die Erschließung von großflächigen Gewerbeflächen ist am zukünftigen Autobahnanschluß geplant. Die in Frage kommenden Betriebe haben naturgemäß ein hohes Verkehrsaufkommen, auch Schwerverkehr, zur Folge. Da ist die Nähe zu Autobahn die beste Lösung. Die Erschließung muß jedoch mit möglichst wenig öffentlichen Verkehrsflächen realisiert werden. Die Belastung für Anwohner und Natur ist dann ohnehin schon groß genug. Ein allzu großzügiger Anschluß, etwa noch mit Durchfahrt hin zur Renninger Straße, ist nicht wünschenswert.

Verkehrswege

Im Haushalt Entwurf finden sich bereits Ansätze für die Nordumfahrung (150.000Euro). Mehr noch im mittelfristigen Investitionsplan, nämlich insgesamt 3Mio Euro bis 2005. Wir zeigen damit dem Landkreis, dass wir bereit stehen, und dass die Finanzierung unseres Anteils gesichert ist. Darüber hinaus: wir sind sogar bereit, in Vorleistung zu gehen. Diese im aktuellen Haushalt eher symbolische Geste würde- so meine ich- unseren Bürgern auch guttun. Ich war immer schon der Meinung, dass die Rutesheimer ein Anrecht auf eine greifbare Vorstellung der Ortsmitte haben.. Dabei geht es nicht nur ums Psychologische. Wer hier ein Geschäft hat und sich überlegt, ob er vielleicht zumachen muß, oder wenn sich jemand im Orstzentrum eine Wohnung kaufen will, dann hat seine Entscheidung sehr wohl damit zu tun, wie sich die innerörtliche Situation in den kommenden Jahren darstellt.

Das wir auf unseren Hauptstraßen keine Fußgängerzone haben werden, das haben wir nun zur Genüge gehört, aber dass es auf der Flachter Straße mal zugehen kann wie auf der Ditzinger Marktstraße , das ist ein greifbares Ziel, auf das man zuarbeiten kann.

Ebenso eine politische Geste wäre es gewesen, die veranschlagten Kosten weiter aufzuschlüsseln, so dass die Aufwendungen für den Umweltschutz erkennbar wären. Ich gehe freilich davon aus, dass in Planungskosten von 150.000EURO auch Kosten für eine UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) enthalten sind. Mehr Klarheit hätte geholfen bestimmte Mißverständnisse zu vermeiden, die sogar Eingang in die Presse gefunden haben.

Naturschutz

Im aktuellen Haushalt werden Weichen gestellt, die eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Bebauung (Gewerbe, Wohnen, Straßen) einleiten. Damit wächst unaufhaltsam der Anteil der überbauten und versiegelten Flächen. Der Autobahnausbau mit Anschluß und Rastplatz trägt in hohem Maß zu dieser unguten Entwicklung bei. Es geht dabei immerhin um Flächen in der Größenordnung von 40 Hektar. Notwendige Ausgleichsfächen sind praktisch nicht vorhanden, die Rutesheimer Markung ist eben nicht unendlich groß. Wir werden große Anstrengungen unternehmen müssen anderweitige qualitativ hochwertige Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen, die Punkte aufs Ökokonto bringen.

Ohne etwas vorwegnehmen zu wollen, denke ich an:

-Ausweisung eines Teiles des Rutesheimer Gemeindewaldes als Naturwald,

-innerörtliche Flächenentsiegelungsprogramme, selbstverständlich mit gesplittetem Abwassertarif,

-Biotoppflege und –Vernetzung,

-weitergehende Unterstützung bei Pflege und Unterhalt der Streuobstwiesen

-Dachbegrünungen bei den großflächigen Industriegebäuden (Die Firma H+L tut es, und mit grünem Dach würde sogar ein ALDI besser aussehen)

Dies alles bedeutet zumindest in der Vorleistung Aufwand für Planung, Durchführung und eventuell auch Öffentlichkeitsarbeit. Die Ansätze dazu vermisse ich im vorliegenden Haushalt Entwurf leider völlig. Es ist bezeichnend: bei den geplanten Aufwendungen für Naturschutz und Landschaftspflege steht lapidar "0". Das ist bei der geschilderten guten Haushaltslage fast schon beschämend.

Ein Schlußwort:

Ich habe vorhin über Mißverständnisse gesprochen.

Wenn Sie die zahlreichen Fragerunden mit den Bürgermeisterkandidaten verfolgen, dann werden Sie bemerken, wie wenig unsere Mitbürger oft über die Aktivitäten, Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Gemeindeorgane wissen. Halbwahrheiten, falsche Vorstellungen und Vorurteile prägen zu sehr das Bild, das die Bürger von Verwaltung und Gemeinderat haben. Das kann so nicht bleiben! Es gibt hier offenbar ein Kommunikationsproblem. Wir müssen uns in Zukunft verstärkt Themen wie "bessere Transparenz" aber auch der stärkeren Einbeziehung von engagierten Bürgern und Bürgerinnen widmen. Der Anstoß dazu muß von uns kommen, und der Erfolg wird weniger am notwendigen Geld hängen, als am guten Willen und einigem Durchhaltevermögen.

Ob diese Sache dann Agenda 21 oder anders heißt, ist letztendlich egal. Hauptsache es dient dem besseren Zusammenleben in unserer Gemeinde.

 

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