Tagebuch der Ottilie Mörike Auszug aus dem Heimatbuch (Seite 246 f): Dieser Brand wurde von einer Somnambulen (Seherin) bei Dr. Kerner in Weinsberg sechs Wochen vorher vorausgesagt. Auf dieses Gerücht hin trat der Adlerwirt in die Feuerversicherung, als der einzige Versicherte außer uns, was ihn in den Geruch brachte, angezündet zu haben, um das Versicherungsgeld zu bekommen. Das Feuer brach nachmittags um 2 1/2 Uhr in einer Scheuer in unserer unmittelbaren Nähe aus. Ich kam gerade aus dem Keller mit einer Weinflasche, als unsere Waschfrau händeringend ins Haus stürzte mit dem Ruf: "Es brennt, es brennt!" Bei der großen Hitze griff das Feuer entsetzlich rasch um sich, es brannte eigentlich an drei Orten auf einmal, so dass die Leute kaum wussten, wo zuerst helfen. Unser Haus war zuerst das Bedrohteste und in unglaublich kurzer Zeit mit hilfsbereiten Menschen aufgefüllt, die im wirren Durcheinander unser Hab und Gut. in die Kirche schleppten. Wir selbst halfen natürlich mit. Der Großmutter sollte ich einen Sack halten, damit sie ihr Tuch hineintun konnte. Ich trug da eben in großem Eifer meine Puppenwiege mit Inhalt fort, musste aber gehorchen, wenn auch ungern. Es herrschte allenthalben eine fürchterliche Verwirrung. Von einer geregelten Feuerbekämpfung war keine Rede. Das Wasser ging bald auf die Neige. Viele Leute, welche auf dem Feld bei der Arbeit waren, kamen zurück und fanden statt ihres Hauses nur noch dessen verkohlte Trümmer. Das lösgebundene Vieh rannte brüllend umher. Gänse und Hühner flatterten ins Feuer in ihrer Angst. Eine Kuh verbrannte jämmerlich. Als unser Haus leer war, blieben wir auch alle um die Kirche herum und sahen entsetzt der traurigen Verheerung, der man nicht zu wehren vermochte, zu. Abends wurden Großmutter und wir zwei Kinder von Herrn Apotheker Scholl von Leonberg abgeholt. Wir konnten aber nicht auf geradem Weg zum Gefährt kommen, weil gerade dort alles niedergebrannt war, sondern ganz auf der entgegengesetzten Seite und verbrannten auch da noch unsere Fußsohlen, weil man über allerlei Verbranntes hinübersteigen musste. (Dies zum Tagebuch der Ottilie Mörike, sie war damals 10 Jahre alt und lebte bei ihrem Onkel im Pfarrhaus) Erst am späten Abend konnte das Feuer eingedämmt werden. Jedoch fand man noch Monate später Glut unter Mauerschutt. So wird folgendes berichtet: 12. September 1837: "Ich sah gestern auf dem Bauplatz in Rutesheim eine Flamme von 5 bis 6 Fuß aufschlagen. Die Arbeiter, welche eine Strasse planierten, kamen auf eine Stelle, wo verbranntes Heu lag, welches, sobald hineingeschlagen, lichterloh brannte. Die bedeutenden Regen, welche bisher fielen, konnten also nicht das kaum ein Fuß tief versteckte Feuer in 73 Tagen löschen." Noch größeres Erstaunen erregte ein Glutherd, der am 16. Oktober, also 108 Tage nach dem Brand gefunden wurde. Die Not, die nach diesem Brand über das Dorf kam, war groß. Das Rathaus, 67 Wohnhäuser und allerlei Nebengebäude waren abgebrannt. Viele der Obdachlosen kampierten 2 bis 3 Tage auf dem Felde. Später zogen die abgebrannten Familien in die stehengebliebenen Häuser, so dass nun manchmal bis zu 25 Personen in einem Haus lebten. Auch die Schute wurde belegt, der Unterricht wurde unterdessen bis zum Herbst in der Kirche abgehalten. Zurueck zur Startseite
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